Strategischer Dialog in Brüssel

    Erreichen der CO2-Flottenziele erfordert Flexibilisierungen und massive Nachbesserungen bei den Rahmenbedingungen

    Pressemitteilung

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    Berlin, 29. Januar 2025

    Strafzahlungen müssen abgewendet werden – Rahmenbedingungen müssen Zielerreichung ermöglichen – Brüssel muss Dekarbonisierung und Wirtschaftlichkeit vereinbaren

    Anlässlich der ersten Zusammenkunft im Rahmen des strategischen Dialogs über die Zukunft der europäischen Autoindustrie spricht sich der Verband der Automobilindustrie (VDA) für Flexibilisierungen bei der EU-Flottenregulierung aus. Neben einem Fokus auf die dringend notwendige Offensive mit Blick auf die Rahmenbedingungen ist es für die Industrie entscheidend, dass Strafzahlungen abgewendet werden, um die Investitionsmöglichkeiten der Unternehmen nicht noch weiter einzuschränken.

    „Die Autoindustrie steht aus fester Überzeugung hinter den Pariser Klimazielen und treibt den schnellen Hochlauf der Elektromobilität weiter entschlossen voran. Allein von 2025 bis 2029 werden unsere Unternehmen rund 320 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investieren. Hinzu kommen etwa 220 Milliarden Euro in Sachinvestitionen, insbesondere in die Werke. Die Investitionen der deutschen Automobilindustrie steigern sich damit noch einmal deutlich”, erklärt VDA-Präsidentin Müller.

    „Mit Blick auf die CO2-Flottenregulierung wird aktuell allerdings immer deutlicher, dass angesichts vielfältiger globaler und handelspolitischer Herausforderungen, der nach wie vor unzureichenden Rahmenbedingungen und der aktuell schleppenden Nachfrage nach E-Autos dringender Handlungsbedarf herrscht. Dieser Handlungsbedarf betrifft nicht nur die Automobilindustrie, sondern auch die Politik und weitere Stakeholder", so Müller.

    Deswegen fordert der VDA:

    • Die Reviews der beiden Regulierungen für Pkw und Nutzfahrzeuge sollten auf das Jahr 2025 vorgezogen werden und der Fortschritt regelmäßig politisch überprüft werden. Nur auf dieser Grundlage kann gewährleistet werden, dass die dringend notwendigen Anpassungen der Rahmenbedingungen erfolgen.

    • Um in der aktuellen Krise zusätzliche Belastungen für die Industrie abzuwenden und die Investitionsmöglichkeiten der Unternehmen nicht noch weiter einzuschränken, muss die EU-Kommission zudem kurzfristig tätig werden und ein klares Signal setzen, die für das Erreichen der Ziele notwendigen Flexibilitäten zu schaffen.

    Flexibilisierungen notwendig

    Konkret geht es dabei aktuell vor allem um ein Abwenden möglicher Strafzahlungen auf Grundlage der in diesem Jahr verschärften Zielwerte – durch ein Phase-In, das sich bereits im Zuge der letztmaligen Zielverschärfung der CO2-Regulierung bewährt hat. Konkret geht es darum, dass durch eine solche Maßnahme den Herstellern ein machbarer Einstieg in ihre verschärften Flottenziele ermöglicht wird, indem in den ersten beiden Jahren ein bestimmter Prozentsatz der neuzugelassenen Fahrzeuge nicht in der Flottenregulierung berücksichtigt werden muss. Dieses Instrument sollte sinnvollerweise analog für die geplanten weiteren Zielverschärfungen in den Jahren 2030 und 2035 zur Anwendung kommen.

    „In jedem Fall müssen in der aktuell krisenhaften Situation Zusatzbelastungen in Form von Strafzahlungen vermieden werden, um die Investitionen in die Transformation der Automobilindustrie, den Hochlauf der E-Mobilität und die digitale Vernetzung der Fahrzeuge nicht zu gefährden”, betont Müller.

    Außerdem fordert der VDA im Sinne der Technologieoffenheit weitere Anpassungen der Regulierung, die dabei helfen, die Klimaziele zu erreichen und dabei Lösungsansätze für die unterschiedlichen Regionen und Herausforderungen zu entwickeln. Dazu zählen eine Stärkung der Rolle von Plug-In-Hybriden über 2035 hinaus, ein Aussetzen der geplanten Anpassung des Utility Factors ab 2025 sowie eine stärkere Berücksichtigung der CO2-Minderungswirkung erneuerbarer Kraftstoffe. Zudem spielen erneuerbare Kraftstoffe eine wichtige Rolle mit Blick auf die notwendige Schaffung einer Carbon Neutral Fuels-only-Fahrzeugkategorie, die dafür Sorge trägt, dass Verbrenner unmittelbar als 0 g-Fahrzeuge eingestuft werden, die nachweislich und ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden.

    Rahmenbedingungen in den Fokus nehmen

    Klar ist: Nur wenn es gelingt, das enorme Defizit in Sachen unterstützende Rahmenbedingungen zu überwinden und die Standortbedingungen signifikant und nachhaltig wettbewerbsfähiger zu gestalten, sind die Zielwerte der Flottenregulierung in 2030 und 2035 zu erreichen. Immer deutlicher wird dabei, dass bei der Festlegung der Flottengrenzwerte die Komplexität des Gesamtsystems unterschätzt wurde. Konkret: Es reicht nicht, Elektroautos zu bauen, sondern es braucht gleichzeitig eine Stärkung des Verbrauchervertrauens, insbesondere durch eine geeignete Ladeinfrastruktur.

    „Politik ist mehr als das Setzen von ambitionierten Zielen. Politik bedeutet, das Erreichen von Zielen zu ermöglichen – dieses Prinzip wurde in Berlin und Brüssel zuletzt vernachlässigt”, so Müller.

    Basierend auf dem ersten Review, der sinnvollerweise bereits in diesem Jahr erfolgen sollte, sind die Fortschritte in den weiteren Jahren regelmäßig zu überprüfen, um sicherzugehen, dass die notwendigen Rahmenbedingungen dem Ambitionsniveau der Zielwerte 2030 und 2035 gerecht werden.

    „Notwendige Fortschritte müssen dabei vor allem im Bereich Infrastruktur und Energie und hierbei insbesondere bei dem Ausbau der Lade- und H2-Tankinfrastruktur, der Strompreisentwicklung, dem Stromnetzausbau und erneuerbaren Energien gemonitort werden. Auch im Bereich Wertschöpfungskette und Rohstoffe sind zentrale Parameter inklusive Halbleiterversorgung und Batterieproduktion zu überprüfen. Der Nachholbedarf in all diesen Bereichen ist enorm. Nur mit einer umfassenden Strategie für Wettbewerbsfähigkeit und Standortattraktivität wird hier eine Trendwende gelingen”, so Müller.

    Der am Mittwoch vorgestellte EU-Kompass zur Wettbewerbsfähigkeit leitet mit Blick auf diese entscheidenden Felder die notwendigen Maßnahmen noch nicht oder nicht ausreichend ein. „Zwar beschäftigt man sich damit, wie die viel zu hohen Energiepreise gesenkt werden können, gleichzeitig gilt es, die Ankündigungen mit Blick auf den Ausbau der Stromnetze und der Wasserstoff-Infrastruktur auch mit konkreten Maßnahmen und Zielen zu unterlegen."

    Auch der dringende Appell, die Review-Prozesse zu den CO2-Flottengrenzwerten auf 2025 vorzuziehen, um auf Basis der Erkenntnisse adäquat nachzusteuern, wird unverständlicherweise nicht aufgegriffen. Ebenso wenig werden in dem gesamten Bericht Technologien wie Batterien und Brennstoffzellen erwähnt – Zukunftsfelder, in denen akuter Nachholbedarf besteht. „Gerade mit Blick auf die Bedeutung dieser Technologien für die Dekarbonisierung und den damit verbundenen wirtschaftlichen Chancen für die Autoindustrie und die EU-Gesamtwirtschaft muss hier nachgebessert werden", fordert Müller.

    Presse & Digitales

    Simon Schütz

    Abteilungsleiter Presse und Digitales