Technische Regulierungen in der Automobilindustrie

    Euro-7-Norm zur Verbesserung der Luftqualität setzt auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis

    Am 18. Dezember 2023 haben sich EU-Parlament und Ministerrat auf die Euro-7-Gesetzgebung geeinigt. Sie verbindet sinnvoll die Verbesserung der Luftqualität mit der Realisierbarkeit für die Industrie und setzt auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis. Damit wird sichergestellt, dass viele Unternehmen ihre Ausgaben auf die wichtigen nachhaltigen Transformationsprojekte hin zur klimaneutralen Mobilität fokussieren können. Insgesamt ist die Euro-7-Norm ein positiver und ausgeglichener Kompromiss, zu dem auch ein gut koordiniertes Vorgehen innerhalb der Automobilindustrie beigetragen hat.
    Zu den neuen Vorgaben gehören erstmals Bestimmungen zur Batteriedauerhaltbarkeit, zur Reduzierung von Bremsstaub und Reifenabrieb. Diese Regulierung haben wir von Anfang an mitgetragen und unterstützt. Die Emissionen durch Bremsen können heute die Abgasemissionen moderner Verbrennungsmotoren übersteigen – was ein erhebliches Potenzial für Verbesserungen bietet. Die Regulierung von Bremsstaub und Reifenabrieb ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Luftqualität.
    Weitere neue Anforderungen umfassen neue On-Board-Überwachungstechniken, die Berücksichtigung kleinerer Partikelgrößen im Abgas und die verlängerte Dauerhaltbarkeit der emissionsrelevanten Systeme. Die Regulierung für Pkw fällt mit Blick auf die anstehende Transformation bis 2035 zwar nominell geringer aus, allerdings bedeuten die neuen zusätzlichen Anforderungen eine deutliche Senkung der Emissionen gegenüber Euro 6. Insbesondere für schwere Nutzfahrzeuge kommt eine strengere Regulierung. Der Euro-7-Beschluss hat neben einer deutlichen Grenzwertverschärfung für Stickoxide insbesondere den niedrigen Motorlastbetrieb in der Stadt im Fokus. So wird sichergestellt, dass die Fahrzeuge selbst bei längeren Leerlaufphasen im Stadtbetrieb sehr sauber sind.
    Euro 7 wird für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ab Ende 2026 und für schwere Nutzfahrzeuge und Busse ab Mitte 2028 verbindlich. Der Zeitplan für die Einführung von Euro 7 ist ambitioniert und verlangt den Herstellern große Anstrengungen ab, er bietet jedoch gleichermaßen eine klare Planungssicherheit.

    Fahrzeuginnenraum: neue Sitzkonzepte und -positionen

    Automatisiertes Fahren ermöglicht es den Fahrzeuginsassen zukünftig, während der Fahrt Tätigkeiten auszuüben, die heute nicht möglich sind. Auch die Sitzposition soll dafür möglichst komfortabel gestaltet werden. Doch wo liegen derzeit die Grenzen?

    Auf dem Weg zu neuen Sitzpositionen, die auch während des Fahrens eingenommen werden dürfen, gibt es derzeit verschiedene Hürden zu meistern. Ein wichtiger Aspekt ist die Sicherheit der Insassen. Diese darf sich im Falle eines Unfalls gegenüber den normalen Benutzungsstellungen nicht verschlechtern.

    Die zur Absicherung herangezogenen UN-Regelungen beziehen sich jedoch ausschließlich auf eine „normale Nutzungsstellung“, neue Positionen z. B. mit einer größeren Neigung der Sitzlehne sind nicht vorgesehen. Der VDA hat verschiedene UN-Regelungen auf den Anpassungsbedarf hin überprüft und festgestellt, dass die Vorgaben für die Sicherheitsgurte aus der UN-Regelung Nr. 14 größere Lehnenwinkel nicht ermöglichen. Der Schultergurt wäre in diesem Fall zu weit vom Insassen entfernt und die Rückhaltewirkung könnte mitunter nicht garantiert werden.
    Als Konsequenz daraus hat der VDA einen konkreten Vorschlag erarbeitet, der mehr Flexibilität bei der Positionierung der verschiedenen Komponenten des Sicherheitsgurts im Fahrzeuginnenraum ermöglicht. Dies ist jedoch nur der erste Schritt: Folgend müssen weitere relevante UN-Regelungen, wie z. B. der Frontalaufprall gemäß UN-Regelung Nr. 94, angepasst werden.

    Internationale Regulierung für das automatisierte und autonome Fahren

    Im Jahr 2023 haben wir uns auf EU-Ebene äußerst aktiv bei der Interpretation des bestehenden Rechtsrahmens für die Kleinserie eingebracht (siehe Interpretation of EU Regulation 2022/1426 on the Type Approval of Automated Driving Systems). Nun besteht die Herausforderung darin, eine Erweiterung auf die Großserie zu erwirken und sich für einen schlanken Genehmigungsprozess in den Mitgliedsstaaten einzusetzen.
    Darüber hinaus war der VDA im September 2023 Gastgeber der 43. UN-Sitzung zu „Functional Requirements for Automated Vehicles“, woran neben zahlreichen Experten aus der Industrie Regierungsvertreter aus Kanada, China, Finnland, Japan, UK und USA teilgenommen haben. In dem Treffen konnte erfolgreich eine internationale Richtlinie für die Sicherheit beim automatisierten Fahren finalisiert werden, auf der nun bis Herbst 2026 eine UN-Regulierung aufbauen soll.

    Autonome Fahren

    Elektromechanische Bremssysteme (EMB)

    Ein Elektromechanische Bremssystem ist eine Fremdkraftbremsanlage mit elektrischer Steuerübertragungseinrichtung ohne mechanische Rückfallebene, wodurch redundante elektrische Energiespeicher erforderlich werden. Hierzu müssen Anforderungen an redundante elektrische Energiespeicher im UN-Regelwerk (im speziellen UN-R13, UN-R13-H sowie UN- R79) angepasst werden, damit innovative EMB-Systeme zukünftig zulassungsfähig werden.
    Um die Korrelation zwischen der UN-R13 und der UN-R13-H entsprechend anzupassen, arbeitet der VDA an einem Vorschlag, der den Entfall einer mechanischen Verbindung zwischen Betätigung und Bremssystem vorsieht. Hierbei werden u. a. die Steuerung, Steuerübertragung, Energieübertrag, sowie Bremse und Parkbremse näher betrachtet.
    Im Jahr 2023 wurde seitens der UN eine Special Interest Group Electromechanical Braking (SIG EMB) gegründet, in der der VDA mit seinen Mitgliedern intensiv mitarbeitet. Die Ziele der SIG EMB umfassen die Anpassung der UN R13-H an redundante elektrische Energiespeicher, die Bereinigung der UN R13-H von Inkonsistenzen in Bezug auf redundante elektrische Energiespeicher sowie eine Ableitung einer Vorgehensweise, in welcher Vorschrift Anforderungen an Bremssysteme für automatisierte und autonome Fahrzeuge formuliert werden.

    Neue Regulierungen zur künstlichen Intelligenz (KI) bringen Herausforderungen und Chancen

    Insbesondere ist der AI Act (KI-Verordnung) zu erwähnen, der erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette der Branche haben wird, da er die Schlüsseltechnologie künstliche Intelligenz reguliert.
    Der „Artificial Intelligence Act“ (kurz: „AI Act“), also die Verordnung über künstliche Intelligenz, jedoch Teil eines größeren europäischen Regelungspakets für digitale Technologien und verfolgt einen horizontalen Ansatz, der darauf abzielt, KI über verschiedene Sektoren hinweg zu regulieren. Er basiert auf einem Risikomodell, das KI-Produkte je nach ihrem Risikograd differenziert. Für die Automobilindustrie bedeutet dies eine erhöhte Compliance-Belastung und rechtliche Unsicherheiten, insbesondere aufgrund der unscharfen Definition von KI.