Nutzfahrzeuge

    Assistenzsysteme im Nutzfahrzeug

    In rasanter Geschwindigkeit entwickelt sich die Technik weiter. Auch Assistenzsysteme werden immer besser – was den Verkehr und den Umgang mit dem Lkw sicherer und harmonischer machen soll.

    In rasanter Geschwindigkeit entwickelt sich die Technik weiter. Auch Assistenzsysteme werden immer besser – was den Verkehr und den Umgang mit dem Lkw sicherer und harmonischer machen soll.

    Fahrerassistenzsysteme können Leben retten

    Die Zahl der Unfallopfer sinkt jährlich. Das ist zu einem großen Teil immer besseren Fahrerassistenzsystemen zuzuschreiben.

    Moderne Sicherheitssysteme bieten allen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern ein hohes Sicherheitsniveau und helfen, bis zu 50 Prozent der schweren Unfälle zu verhindern. Zudem sorgen sie dafür, entspannter ans Ziel zu kommen.

    So hat der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) gemeinsam mit der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft und der KRAVAG-Versicherung in einem Feldversuch mit mehr als 1.000 Fahrzeugen nachgewiesen, dass mit Fahrerassistenzsystemen ausgestattete Lkw eine um 34 Prozent niedrigere Unfallwahrscheinlichkeit aufweisen als gleichartige Referenzfahrzeuge.

    Seit dem Jahr 1970 konnte das Risiko eines tödlichen Unfalls um 86 Prozent gesenkt werden. Durchschnittlich ist ein Lkw rund drei Millionen Fahrzeugkilometer unfallfrei unterwegs, bevor er an einem Personenunfall beteiligt ist.

    Die Sicherheit steigt

    Der Einsatz von Assistenzsystemen macht das Fahren nicht nur sicherer, er bringt auch wirtschaftliche Vorteile für Speditionen und Logistikunternehmen.

    Fahrerassistenzsysteme können erheblich zur Vermeidung von Verkehrsunfällen beitragen. Kann ein Unfall vermieden werden, bedeutet das mehr Sicherheit und Kostenvorteile. Das Fahrzeug muss nicht oder kürzer in die Werkstatt und steht schneller wieder für Transportaufgaben zur Verfügung. Die Anzahl der Assistenzsysteme, die den Fahrer bei der Fahreraufgabe unterstützen können, hat daher in den letzten Jahren weiter zugenommen.

    Der Abstandsregeltempomat etwa regelt die Geschwindigkeit des Lkw und den Abstand zum vorausfahrenden Verkehr automatisch. Das System hält eine vom Fahrenden vorgegebene Geschwindigkeit konstant oder passt diese durch selbsttätiges Gaswegnehmen, Bremsen oder Beschleunigen an die wechselnden Verkehrsbedingungen an. Im Stau oder zäh fließenden Verkehr bremsen Abstandsregeltempomaten das Fahrzeug bis zum Stillstand ab.

    Der Notbremsassistent

    Dennoch wird in den Medien immer wieder von schweren Lkw-Unfällen an Stauenden berichtet. Diese Auffahrunfälle sind oftmals von einer sehr hohen Unfallschwere geprägt. Aus diesem Grund hat sich der Gesetzgeber bereits vor einiger Zeit damit befasst und eine Pflicht zur Ausrüstung mit automatischen Notbremsassistenten für Lkw vorgeschrieben.

    Der Notbremsassistent (Advanced Emergency Braking System, AEBS) ist gesetzlich vorgeschrieben. Eine Notbremsung ist der letzte Schritt einer Aktionskette, um einen Auffahrunfall zu verhindern oder zumindest dessen Folgen zu minimieren. Der Notbremsassistent unterstützt den Fahrer bei Unaufmerksamkeit aktiv, dieses Fahrmanöver auszuführen. Mit vorfelderkennender Sensorik (Hochfrequenzradar) misst das System Abstand und Differenzgeschwindigkeit zu einem vorausfahrenden Fahrzeug.

    Das System ist in der Lage, akute Gefahren eines Auffahrunfalls zu erkennen und warnt gegebenenfalls den Fahrer. Im ersten Schritt wird dies mittels eines akustischen Warntons und eines Hinweises auf dem Zentraldisplay dem Fahrer mitgeteilt. Falls notwendig, kann der Notbremsassistent auch automatisch eine Vollbremsung auslösen, mit dem Ziel, eine mögliche Kollision zu vermeiden. Selbst wenn es zum Auffahrunfall kommt, kann so zumindest die Stärke des Aufpralls verringert und somit das Verletzungsrisiko aller Beteiligten reduziert werden.

    In jedem Fall trägt der Notbremsassistent dazu bei, Kollisionen zu vermeiden beziehungsweise sie abzuschwächen und das Verletzungsrisiko signifikant zu reduzieren.

    Der Abbiegeassistent

    Beim Abbiegeassistenten überwachen Radarsensoren die rechte Fahrzeugseite und erfassen stehende und bewegte Objekte. Nach der Wahrnehmung eines Objekts im Gefahrenbereich erfolgt eine zweistufige Warnung. Das System funktioniert nicht nur beim Abbiegen an Kreuzungen, sondern unterstützt den Fahrer auch beim Spurwechsel.

    Die Spurverlassenswarnung

    Die Spurverlassenswarnung (Lane Departure Warning System, LDWS) warnt den Fahrer bei unbeabsichtigtem Verlassen des Fahrstreifens. Zur Fahrbahnmarkierungserkennung wird eine Kamera, die an der Innenseite der Frontscheibe befestigt ist, verwendet. Die Warnung erfolgt haptisch mittels einer Lenkrad- oder Fahrersitzvibration und akustisch über die Lautsprecher. Dieses System ist für Busse und Lkw gesetzlich vorgeschrieben.    

    Müdigkeit und Ablenkung sind die häufigsten Gründe für unbeabsichtigtes Verlassen der Fahrspur. Dieser Assistent bleibt auch bei langen Fahrten auf Autobahnen oder Landstraßen wachsam und hilft so, Unfälle zu verhindern.

    Der intelligente Lichtassistent

    Der Lichtassistent erkennt mittels Kamera entgegenkommende und vorausfahrende Fahrzeuge und stellt die Scheinwerfer so ein, dass diese nicht geblendet werden. So entsteht ein automatischer Übergang zwischen Fernlicht und Abblendlicht. Dass die richtigen Sicht- und Lichtverhältnisse Leben retten, ist kein Geheimnis: Durch mehr Sicht auf Autobahnen und Landstraßen hat sich die Zahl der Verkehrstoten auf Autobahnen und Landstraßen um 18 Prozent reduziert.

    Das bereits etablierte Kurven- und Abbiegelicht bietet eine optimale Kurvenausleuchtung durch Schwenken des Abblendlichts in Abhängigkeit zum Kurvenradius. Das macht das Fahren bei Nacht nicht nur sicherer, sondern auch komfortabler.

    Die Fahrer werden mithilfe von Tempomaten, Abstandshaltern und Spurhalteassistenten von Routineaufgaben entlastet. Hinzu kommt: Kein Fahrer fährt immer fehlerfrei! Das entspannte Fahrverhalten harmonisiert letztlich den gesamten Straßenverkehr, und das Sicherheitsniveau wird deutlich angehoben.

    Fahrerassistenzsysteme unterstützen ökologisches und effizientes Fahren

    Es gibt Fahrerassistenzsysteme, durch die sich intelligent und einfach jede Abfahrt und Steigung meistern lässt.

    Bei der Anfahrhilfe handelt es sich um eine Erweiterung des Bremssystems, welche beim Anfahren auf Gefälle den Bremsdruck hält, bis der Fahrer das Gaspedal betätigt, um ein Wegrollen des Fahrzeugs zu verhindern.

    Das topografiebasierte Adaptive Cruise Control (GPS und Cloud) ist ein Assistenzsystem, welches gespeichertes Kartenmaterial und GPS-Positionsdaten verwendet, um die Fahrweise an die Gegebenheiten verbrauchsoptimiert anzupassen. Mit einer zentralen Cloud werden Daten an eine Datenbank übertragen und für verschiedene Nutzerinnen und Nutzer zur Verfügung gestellt.

    Parken an der Laderampe leicht gemacht

    Die Schnittstelle zwischen Rampe und Fahrzeug ist beim Warenumschlag ein sensibler Punkt. Hier müssen Lkw korrekt geführt, sicher angedockt und schnell be- und entladen werden, um eine effektive Gesamtlogistik zu gewährleisten.

    Beim Assistenzsystem der Rückraumüberwachung wird der Rückraum beim Rückwärtsfahren automatisch überwacht. Beim Erkennen eines statischen oder bewegten Objekts in einem verbleibenden Abstand von 20 bis 200 Zentimetern warnt das System, um ein Auffahren zu verhindern.

    Der Rangierassistent befindet sich noch in der Entwicklung. Durch ihn kann der komplette Lastzug (Sattelzug oder auch Lang-Lkw) von außen über ein Tablet gesteuert und bewegt werden. Die Fahrtrichtungswahl und die Positionierung werden am Tablet bestimmt, und das System führt dann die Lenkbewegungen so aus, dass der Lkw genau in die gewünschte Richtung fährt.

    Reibungsloser Warentransport

    Auch das Local Vehicle Network (LVN) befindet sich noch in der Entwicklung. Das Ziel des Local Vehicle Network ist der zentrale Zugriff auf alle Daten der Fahrzeugkombinationen (Zugfahrzeug und Anhänger/Auflieger). Es handelt sich um eine Erweiterung von bestehenden Truck-Trailer-Kommunikationsstandards. Dabei werden die Daten des Anhängers (wie zum Beispiel Kühltemperatur, Türstatus, Ladungssicherung und so weiter) über WLAN an das Zugfahrzeug übermittelt. Durch die zentrale Abrufbarkeit der Daten wird eine weitere Automatisierung unterstützt.

    Beim DispoPilot handelt es sich um eine Logistik-Applikation zur Unterstützung in der Disposition. Diese Applikation kann auf jedem Android-basierten Smartphone und Tablet oder dem firmeneigenen Tablet Fleetboard installiert werden. Zusammen mit einer Navigationssoftware ermöglicht der DispoPilot ein effizientes und vernetztes Auftragsmanagement. Das System ist dabei ständig mit der Logistikzentrale verbunden.

    Die Zukunft des Lkw

    Durch die Vielzahl von Assistenzsystemen ist der Eindruck entstanden, dass autonome Lkw schon bald technisch machbar sein könnten. Viel wahrscheinlicher ist es jedoch, dass diese Entwicklung evolutionär verlaufen wird. Automatisierte Funktionen werden mehr und mehr in Fahrzeuge eingebaut. Die Fahrer werden so Schritt für Schritt an die Automatisierung herangeführt. Es gibt auch erste Initiativen hinsichtlich der praktischen Testung.

    Self-driving Truck

    Der selbstfahrende Lkw ist eine der zukünftigen Entwicklungen. Hier wird die Positionsbestimmung über GPS vorgenommen, die Umgebungsabsicherung übernehmen mehrere Laserscanner am Fahrzeug. Die Aufträge werden von einer zentralen Stelle erteilt.

    Neue Techniken bedeuten neue Chancen. Die mit dem autonomen Fahren verbundenen technischen Veränderungen sind keine Bedrohung für den Lkw-Fahrer. Auch der Lkw-Fahrer wird sich analog zu neuen Technologien weiterentwickeln: Sein Aufgabenbereich wird sich Schritt für Schritt von leichten zu komplexeren Aufgabenstellungen entwickeln.

    In der Zukunft könnten die Fahrer als „Transportmanager“ agieren, mit einem attraktiven rollenden Arbeitsplatz, der Chancen auf neue berufliche Inhalte bietet. In der Konsequenz soll der Verkehr für alle Teilnehmer sicherer, gleichzeitig aber auch die Transporteffizienz gesteigert und der CO₂-Verbrauch weiter reduziert werden.

    Sicherheitssysteme für Nutzfahrzeuge

    Sicherheitstechnologien haben einen wesentlichen Beitrag geleistet, um Nutzfahrzeuge immer sicherer zu machen. Die Innovationen zielen vor allem darauf ab, bei schweren Nutzfahrzeugen besonders häufig auftretende Unfälle zu vermeiden. Dazu zählen Auffahrunfälle sowie Spurführungsunfälle und Unfälle durch Abkommen von der Fahrbahn. Seit November 2015 müssen in der EU – mit wenigen Ausnahmen – alle neuen Lkw mit Notbremsassistenten und Spurhaltewarnsystemen ausgestattet sein. Das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) ist bereits seit 2014 verpflichtend.

    Gesetzlich vorgeschriebene Assistenzsysteme

    Unter anderem sind diese Assistenzsysteme im Lkw gesetzlich vorgeschrieben:

    • das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP)
    • die Spurverlassenswarnung (Lane Departure Warning System, LDWS)
    • der Notbremsassistent (Advanced Emergency Braking System, AEBS)
    Technische Vorschriften & Werkstoffe

    Philipp Niermann

    Leiter der Fachgruppe

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