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- Harmonisierung von Zulassungsvoraussetzungen
Technische Vorschriften
Wie die UNECE internationalen Handel erleichtert
Es sind nicht nur Zölle, welche den weltweiten Handel behindern, sondern vor allem unterschiedliche Sicherheits- und Umweltvorschriften. Lösung ist die Harmonisierung von Zulassungsvoraussetzungen.
Es sind nicht nur Zölle, welche den weltweiten Handel behindern, sondern vor allem unterschiedliche Sicherheits- und Umweltvorschriften. Lösung ist die Harmonisierung von Zulassungsvoraussetzungen.
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Wichtiger Schritt für grenzübergreifende Harmonisierung
Unter der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen in Genf (englisch: United Nations Economic Commission for Europe, UNECE) wird die Aufgabe verfolgt, ein einheitliches Regelsystem für den Fahrzeugbau zu schaffen. Ziel ist es, den internationalen Handel zu erleichtern, Maßnahmen zur weltweiten Harmonisierung oder Weiterentwicklung von technischen Vorschriften für Fahrzeuge zu initiieren und zu verfolgen.
Die Vorteile der weltweiten Harmonisierung einheitlicher technischer Vorschriften ergeben sich aus einem erleichterten Marktzugang ohne administrative oder technische Barrieren. Dies ermöglicht weltweit einheitlich hohe Sicherheitsstandards bei gleichzeitiger Nutzung von Skaleneffekten in der Produktion. Zeitgleich bietet die Arbeit der UNECE den Verbraucherinnen und Verbrauchern Sicherheit und Qualität durch die Festlegung von gemeinsamen Normen und Standards.
Seit Ende der 1950er-Jahre arbeitet die UNECE an der grenzübergreifenden Harmonisierung von technischen Regelungen. Mit dem „Abkommen der UN ECE vom 20. März 1958 über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigungen“ war ein Meilenstein auf dem Weg zu einheitlichen technischen Zulassungsvorschriften gesetzt worden. Inzwischen umfasst das Abkommen 157 technische Regelungen. Diese betreffen neben Systemen und Bauteilen für die aktive und passive Sicherheit auch umweltrelevante Vorschriften. Das Abkommen wurde zwischenzeitlich von 63 Staaten unterzeichnet.
Innerhalb der EU gelten die vollständige Harmonisierung der Zulassungsvorschriften und deren gegenseitige Anerkennung. Über die EU hinaus wenden jedoch nicht alle Unterzeichnerstaaten alle Regelungen an. Manche Staaten, wie beispielsweise Russland, haben die Regelungen in ihr nationales Zulassungsrecht integriert. Ähnlich verhält es sich in Japan. Doch auch mit der Anwendung nur einiger ECE-Regelungen ist schon ein erster wichtiger Schritt hin zur Harmonisierung getan.
Typgenehmigung versus Selbstzertifizierung
Das Abkommen von 1958 basiert auf dem Verfahren der Typgenehmigung. Eine unabhängige Prüfinstitution erstellt ein Gutachten mit dem Ziel, den Nachweis der ECE-Anforderungen zu bestätigen. Eine Behörde stellt auf dieser Basis die Typgenehmigung aus.
Daher können die USA dem Abkommen von 1958 grundsätzlich nicht beitreten, denn das in den Vereinigten Staaten angewendete Verfahren der Selbstzertifizierung ist mit der Typgenehmigung nicht kompatibel. Aus diesem Grund wurde unter dem Schirm der UN ein weiteres Abkommen auf den Weg gebracht: die sogenannten „Globalregelungen“ unter dem Abkommen der UNECE von 1998 („Global technical regulations for wheeled vehicles, equipment and parts which can be fitted and/or be used on wheeled vehicles“). Dieses Abkommen haben inzwischen 33 Staaten unterzeichnet – unter ihnen einige EU-Mitgliedstaaten, die Volksrepublik China, die Republik Korea und die Vereinigten Staaten von Amerika.
Seit 1998 wurden in den Expertengremien der UNECE 13 Globalregelungen (Global Technical Regulation, GTR) erarbeitet. Die meisten GTR sind im Regelwerk des Abkommens von 1958 umgesetzt worden, folglich werden sie von dessen Unterzeichnerstaaten anerkannt und über die ECE-Regelungen umgesetzt. Einige wenige GTR sind darüber hinaus in nationales Recht von Unterzeichnerstaaten des 1998er-Abkommens übernommen worden.
IWVTA als international gültige Typgenehmigung
Die Gremien der ECE bei den Vereinten Nationen in Genf arbeiten parallel an dem Ziel, das Abkommen von 1958 weiterzuentwickeln und die Zahl der Anwender dieses Abkommens zu steigern. Das Abkommen soll für den Beitritt weiterer Staaten attraktiver werden. Auch Schwellenländer, die sich noch nicht in der Lage sehen, die ECE-Regelungen in voller Stringenz anzuwenden, sollen angesprochen werden. Aufgesetzt wurde daher ein Prozess zur Erweiterung des Abkommens bis hin zu einer internationalen Gesamtfahrzeug-Typgenehmigung (International Whole Vehicle Type Approval, IWVTA). Das 1958er-Abkommen wird so erweitert, dass harmonisierte Vorschriften nicht allein für Systeme oder Komponenten, sondern für das Gesamtfahrzeug geschaffen werden. Hierzu wird eine ECE-Regelung 0 formuliert, die eine Gesamtfahrzeug-Genehmigung beschreibt.
Um Schwellenländern die Anwendung der IWVTA zu erleichtern und so den Beitritt zum Abkommen attraktiver zu machen, sieht die Regelung 0 für die Vertragsparteien auch vor, Strenge und Umfang der Anforderungen innerhalb der einzelnen Länder flexibel zu handhaben. Erreicht werden kann damit vorerst keine volle gegenseitige Anerkennung von Genehmigungen, sondern nur ein erster Schritt.
Die erste Stufe würde somit eine Genehmigung mit begrenzter Anerkennung für den Fall bedeuten, dass sie nur einen geringeren technischen Umfang zertifiziert. Dies könnte dazu führen, dass zum Beispiel der Nachweis der Erfüllung einzelner Regelungen nicht erbracht wird. Im Gegensatz dazu könnte es jedoch auch universelle Genehmigungen geben, die die Einhaltung sämtlicher Anforderungen (in der höchsten Stufe) bescheinigen. Der große Vorteil gegenüber der heute bereits praktizierten EU-Typgenehmigung liegt darin, dass der Einzugsbereich der ECE-Regelungen erheblich über den der Europäischen Union hinausgeht.
Vertragsparteien, die Typgenehmigungen mit begrenzter Anerkennung anwenden wollen, müssen beim UN-Sekretariat bekannt geben, welche Abweichungen sie gegenüber einer universellen IWVTA akzeptieren. Das Ziel ist und bleibt die Gesamtfahrzeug-Genehmigung. Auf dem langen Weg hin zum „Approved once – accepted everywhere“ dürfte etwa zum Ende der laufenden Dekade zumindest die erste IWVTA-Genehmigung erteilt werden können.