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- Resilienz & Diversifizierung ermoeglichen
Resilienz & Diversifizierung ermöglichen
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Genauso wichtig wie die Verbesserung der Standortfaktoren und damit der eigenen Wettbewerbsfähigkeit ist es, dass Deutschland wie Europa bestehende strategische Abhängigkeiten von wichtigen Rohstoffen, Vorprodukten und Endprodukten aus Nicht-EU-Ländern reduziert. Die schweren Störungen in der Lieferkette während der Corona-Krise und zu Beginn des russischen Angriffskriegs haben die Verletzbarkeit der deutschen Volkswirtschaft offengelegt. Wachsende weltweite geopolitische Spannungen kommen hinzu. Es ist daher nur folgerichtig, dass Deutschland Maßnahmen ergreift, um die eigene Versorgung resilienter zu gestalten. Wichtig ist, dass dies in enger Abstimmung vor allem mit unseren europäischen Partnern geschieht.
Die beiden Ansätze hierzu sind zum einen die verstärkte Eigenproduktion bzw. der Auf- und Ausbau von europäischen Wertschöpfungsnetzwerken in strategischen Technologiefeldern, zum anderen die Diversifizierung der Lieferketten durch den Abschluss neuer Handels- und Rohstoffabkommen.
Wertschöpfungsketten für Zukunftstechnologien in Deutschland und Europa ausbauen. Verstärkte Eigenproduktion wird z. B. bei der Fertigung von Batteriezellen oder Halbleitern angestrebt
Die EU-Kommission hat Anfang Januar 2024 auf Basis ihres neuen Beihilferahmens die beabsichtigte Beihilfe von Bund und Ländern für die Ansiedlung einer Batteriefabrik nahe der schleswig-holsteinischen Stadt Heide genehmigt. Zum Hochfahren der Halbleiterproduktion beteiligen sich Bund und Länder an den zwei „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI) zur Mikroelektronik. Die beihilferechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission im Juni 2023 machte den Weg dafür frei, dass Bund und Länder die an dem zweiten IPCEI zur Mikroelektronik beteiligten Unternehmen mit deutschen Standorten nun fördern dürfen. Dadurch werden Unternehmensinvestitionen im hohen zweistelligen Milliardenbereich angereizt. Durch entsprechende Förderzusagen gelang im Jahr 2023 auch die Ansiedlung von zwei Halbleiterfabriken in Magdeburg und in Dresden. Dies sind auch aus Sicht der Automobilindustrie wichtige Projekte. Gleichzeitig ist klar: Wir brauchen eine moderne Mischung aus marktorientierter Wirtschaftspolitik und gestaltender Industriepolitik – gerade mit Blick auf internationale Entwicklungen.
Subventionen können etwa zur Förderung von Zukunftstechnologien wie Halbleitern, Batteriefabriken oder zur Stärkung der Resilienz als unterstützende Maßnahmen notwendig sein. Gleichzeitig gilt: Symptombekämpfung statt strategischer Behebung der strukturellen Ursachen mangelnder Wettbewerbsfähigkeit ist keine langfristige Transformationsstrategie.
Forschung und Innovation fördern
Die Automobilindustrie in Deutschland ist mit einem F&E-Anteil von über 6 Prozent des Umsatzes (2020) und über 50 Prozent der weltweiten Patente bei Zukunftsthemen (u. a. beim vernetzten und automatisierten Fahren und bei der Elektrifizierung) eine der innovativsten Branchen des Landes. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Technologiestandorts Deutschland auch zukünftig abzusichern und die Resilienz zu steigern, brauchen wir die richtigen innovations- und forschungspolitischen Rahmenbedingungen. Zu den wirksamsten Maßnahmen zählt die ganzheitliche Förderung von Großprojekten von der Forschung bis zur Anwendung durch ressortübergreifende Programme. Angesichts der hohen administrativen Komplexität der Projekte würde die komplette Digitalisierung der administrativen Projektabwicklung dringend benötigte Entlastung und Vereinfachung schaffen. Für die unterschiedlichen Bedürfnisse der Unternehmen ist es hilfreich, wenn die Förderprogramme speziell auf den Mittelstand zugeschnitten und mit praxisnahen Anforderungen ausgestaltet würden. Notwendig ist ein Gesamtkonzept für die europäische Förderlandschaft und die gesamteuropäischen Standortbedingungen statt einer Konkurrenz zwischen einzelnen Programmen.
Freier und fairer Handel als Voraussetzung für Diversifizierung
Der neue Beihilferahmen der EU ist vor allem insofern ein Novum, als er den Mitgliedstaaten die Gewährung von Beihilfen erstmals auch für die Produktion erlaubt. Bis dahin war die Förderung der Herstellung von Produkten, die in einem gegebenen Technologie- oder Qualitätsgrad bereits am Weltmarkt verfügbar sind, nicht möglich. Die EU-Kommission reagiert mit der Neufassung ihres Beihilferahmens ausdrücklich auch auf „ungleiche Wettbewerbsbedingungen durch Subventionen im Ausland“. Damit spielt sie auf den US-IRA an. Dieser wird in den nächsten zehn Jahren 369 Milliarden US-Dollar für Investitionen in den Klimaschutz bereitstellen, unter anderem für die Umrüstung von Automobilwerken auf die Produktion sauberer Fahrzeuge. Für die in der EU angesiedelten Unternehmen wäre das ein klarer Wettbewerbsnachteil. Der neue EU-Beihilferahmen erlaubt den Mitgliedstaaten daher die Förderung für den Neu- oder Ausbau von Produktionskapazitäten zur Herstellung verschiedenster „CO2-Netto-Null-Technologien“, darunter z. B. Batterien und Elektrolyseure (sowie auch für deren Vorprodukte und für die dazu erforderlichen Rohstoffe). Die Unternehmensinvestitionen können mit in der Regel 15 Prozent und einer maximalen Fördersumme von 150 Mio. Euro pro Unternehmen und Mitgliedsland gefördert werden. Höhere Förderquoten und -summen sind nur in ausgewiesenen EU-Fördergebieten möglich – hier in Einzelfällen dann aber sogar bis zu dem Betrag, der nötig ist, um die gleiche Fördersumme zu erreichen, die ein Staat außerhalb der EU einem Unternehmen für das gleiche Investitionsprojekt gewährt. So soll sichergestellt werden, dass Unternehmen, die Produktionskapazitäten für Transformationstechnologien neu auf- oder ausbauen wollen, dies innerhalb der EU tun.
Zölle abzubauen und die Handelsbeziehungen zu intensivieren, ist besonders in einer durch geopolitische Unsicherheiten geprägte Zeit wichtig. Partnerschaften auszubauen und neue Allianzen- Handels-, Rohstoff- und Energieabkommen zu entwickeln sind für Deutschland und die EU essenziell. Durch diese Diversifizierungsmaßnahmen können Abhängigkeiten verringert und die Lieferketten resilienter aufgestellt werden. Doch wichtige Abkommen wie die mit Mexiko, Indien oder weiteren ASEAN-Staaten kommen nicht gut voran. Die Verhandlungen zu MERCOSUR sind im März 24, nach Dez. 23 erneut gescheitert. Auch die Ratifizierung von CETA steht nach der Ablehnung aus Frankreich wieder in Frage. Ein wesentlicher Faktor für den erfolgreichen Abschluss von Abkommen ist es, die Verhandlungen nicht mit handelsfremden Themen wie besonderen Klimaschutzmaßnahmen oder Nachhaltigkeitsstandards zu überfrachten. Damit werden Einigungen bei Freihandelsverhandlungen deutlich erschwert und in die Länge gezogen. Vielmehr sollten diese auch für die Automobilindustrie wichtigen Themen primär außerhalb von Handels- und Investitionsabkommen verhandelt werden. Die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten sollten nicht nachlassen, auf Kooperation und den Abbau von Handelshemmnissen im Rahmen einer aktiven, pragmatischen und vor allem stärker auf Flexibilität ausgerichteten Handelspolitik zu setzen. Dies muss auch zu den Prioritäten mit Blick auf die Europa-Wahl in diesem Jahr gehören.
Europa muss im geopolitischen Wettlauf nach kritischen strategischen Rohstoffen mithalten und Tempo machen. Die Einigung auf den „Critical Raw Materials Act“ (CRMA) sendet ein wichtiges Signal für mehr europäische Souveränität und Resilienz bei der Rohstoffversorgung (s. o.). Der Erfolg des CRMA entscheidet sich an seiner konkreten Umsetzung, das heißt wenn die so genannten strategischen Projekte starten und tatsächlich Ergebnisse liefern.
Die Festlegung auf kürzere Genehmigungsverfahren ist ein Fortschritt. Eine Hürde ist die gesellschaftliche Akzeptanz. Hier ist die Unterstützung der Bundes- und Landesregierungen entscheidend, um gezielt für Projekte entlang der gesamten Rohstoffwertschöpfungskette zu werben. Dafür braucht es in Deutschland eine enge Verzahnung mit der von der Bundesregierung angekündigten Novelle des Bundesberggesetzes sowie eine bessere personelle Ausstattung der Behörden.
Deutschland und Europa werden trotz allem weiterhin vom Import von Rohstoffen abhängig sein. Um die Versorgungssicherheit mit strategischen Rohstoffen hochzuhalten, ist eine Diversifizierung zur Stärkung der Lieferketten von höchster Bedeutung. Die Stärkung von Kooperationen mit strategisch wichtigen Regionen über Rohstoff- (und auch) Energiepartnerschaften muss sowohl auf nationaler wie auch europäischer Ebene weiter entschlossen vorangetrieben werden.
Sehr zu bedauern ist, dass es der EU bislang nicht gelungen ist, mit den Vereinigten Staaten ein Critical Minerals Agreement abzuschließen. Mit dem „Raw Materials Club“, welcher im „Critical Raw Materials Act” angekündigt wird, strebt die EU eine bessere Vernetzung mit Partnerländern und Ausweitung von Rohstoffpartnerschaften an. Dies ist eine Initiative, welche der VDA ausdrücklich begrüßt. Hier wird es wichtig sein, dass es zu keinen Interessenskonflikten mit bereits existierenden Projekten wie der „Minerals Security Partnership“ kommt.
Förderung der Kreislaufwirtschaft
Ein weiterer Hebel zur Stärkung der Resilienz stellt die Förderung der Kreislaufwirtschaft dar. Jedoch hilft hier ein realistischer Blick auf das Thema: Fahrzeuge sind enorm langlebige Produkte, die durch ihre Reparaturfähigkeit viele Kreisläufe durchlaufen, bevor sie recycelt werden. Insbesondere bei der Elektromobilität und den hierfür wichtigen Batterierohstoffen oder Seltenen Erden werden wir auch weiterhin auf den Import von Rohstoffen und deren weiterverarbeiteten Zwischenprodukten angewiesen sein. Trotz aller Investitionen in Recyclingkapazitäten und die Steigerung der Recyclingeffizienzen erwarten wir erst in den 2030er-Jahren einen nennenswerten Beitrag an Sekundärmaterialien zur Deckung des Rohstoffbedarfs.
Ohne Kreislaufwirtschaft werden wir das Ziel Klimaneutralität nicht erreichen
Denn trotz der Etablierung alternativer Antriebstechnologien bleiben CO2-Hotspots im Lebenszyklus der Fahrzeuge bestehen. Während des Betriebs fällt zwar kaum noch CO2 an, wohl aber noch bei der Gewinnung der erforderlichen Rohstoffe, deren Weiterverarbeitung, der Logistik und in der Komponenten- und Fahrzeugproduktion. Bei der Fahrzeugwertschöpfungskette handelt es sich um ein hochkomplexes Konstrukt, mit Produktions- und Materiallieferketten für rund 7.000 Komponenten und Teile.
Deshalb müssen Strategien zur CO2-Reduktion auch über die Nutzungsphase der Fahrzeuge hinausgehen. Diese ganzheitliche Betrachtung aller Wertschöpfungsstufen und ihrer Umweltauswirkungen spiegelt sich in den „Design for Sustainability“-Strategien der Automobilindustrie wider.
Sie umfassen Konzepte für die Gewinnung von Rohstoffen, der Produktion, Reparaturen, Remanufacturing, bis hin zum Recycling und finden in der Debatte zur Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft ihre Fortsetzung.