Marktentwicklungen

    Inlandsproduktion profitiert von Transformation

    2023 konnte die Inlandsfertigung wie schon im Vorjahr deutlich ausgebaut werden. Damit ist sie seit 2021 um über 1 Mio. Einheiten angestiegen.

    2023 konnte die Inlandsfertigung wie schon im Vorjahr deutlich ausgebaut werden. Damit ist sie seit 2021 um über 1 Mio. Einheiten angestiegen.

    Pkw-Inlandsproduktion im Vorwärtsgang

    Letztes Jahr konnte die Inlandsproduktion wie schon im Vorjahr ausgebaut werden. Nach einem Plus von 12 Prozent 2022 ging es 2023 sogar um 18 Prozent aufwärts. Damit liegt die heimische Fertigung jedoch immer noch 12 Prozent oder über eine halbe Millionen Fahrzeuge unterhalb des Niveaus vom Vorkrisenjahr 2019. Ein wichtiger Grund für den Zuwachs war der im Januar noch sehr hohe Auftragsbestand, der im Laufe des Jahres auf Normallevel abgebaut wurde und so die Produktion nachhaltig unterstützte. Zudem lief die E-Auto-Fertigung in Brandenburg weiter hoch und leistete einen Beitrag zum Wachstum der Inlandsproduktion. Lieferengpässe verhinderten ein noch besseres Ergebnis, wobei sich die Halbleiterknappheit nicht mehr ganz so stark bemerkbar machte, wie noch in den beiden Vorjahren. Und doch bremste die starke Ausrichtung hin zu Premiumprodukten, die genauso wie die Fahrzeuge mit Elektroantrieb überdurchschnittlich viele Chips für Assistenzsysteme, Bildschirme, Steuerungen etc. benötigen, das Wachstum. Der Premiumanteil stieg letztes Jahr gegenüber 2019 von 62 Prozent auf 71 Prozent.

    Mehr BEV als Diesel

    Die Transformation hin zur Klimaneutralität wird darin deutlich, dass 2023 mit einem Anteil von 23 Prozent an der Inlandsproduktion erstmals mehr rein elektrisch angetriebene Pkw (BEV) als Diesel (20 Prozent) in Deutschland hergestellt wurden. Rechnet man noch die knapp 8 Prozent Plug-In-Hybride hinzu, war Deutschland letztes Jahr mit einer Produktion von 1,27 Mio. E-Pkw nach China der zweitgrößte E-Standort weltweit. Auch die Benziner, deren Anteil von 52 Prozent auf 49 Prozent sank, wurden von dem Trend hin zur E-Mobilität nicht verschont. Man sieht, der deutsche Standort ist bei der Transformation in Europa an der Spitze, traditionelle Verbrenner bleiben jedoch weiterhin ein wichtiges Standbein, um die abrupte Wende hin zur CO2 -freien Mobilität mit einschneidenden Folgen für die Belegschaft insbesondere der Zulieferer etwas abzufedern.

    Wichtigstes Segment waren letztes Jahr mit 1,53 Mio. die SUV und Geländewagen (+41 Prozent) vor der Kompaktklasse mit 1,01 Mio. Fahrzeugen (+22 Prozent), der Mittelklasse mit 0,64 Mio. Einheiten (-2 Prozent) und der oberen Mittelklasse mit 0,36 Mio. Einheiten (+5 Prozent). Die Produktion des letzten Kleinwagenmodells in Deutschland lief letztes Jahr aus. Die hohen Arbeits-und Energiekosten gekoppelt mit der nachlassenden Nachfrage aus Großbritannien seit dem Brexit, machen die Produktion in diesem Segment nicht mehr attraktiv am deutschen Standort.

    Im globalen Länderranking nach Stückzahlen hat sich Deutschland letztes Jahr auf den fünften Platz hinter China, den USA, Japan und Indien vorgearbeitet und Südkorea überholt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Premiumanteil an den deutschen Standorten überdurchschnittlich hoch ist. In Europa bleibt Deutschland mit deutlichem Abstand das wichtigste Produktionsland.

    Pkw-Weltproduktion überschreitet Vorkrisenniveau

    Die Entwicklung der globalen Automobilproduktion im letzten Jahr war geprägt von einem Bündel von Faktoren. Die Materialengpässe, die insbesondere im Bereich der Halbleiter die Produktion nach der Coronapandemie behindert hatten, treten langsam etwas in den Hintergrund. Dafür hat der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine für dauerhaft hohe Energiepreise und damit zu einer seit den Siebzigerjahren nicht dagewesenen Inflation geführt, die über Zweitrundeneffekte die Budgets der Haushalte zusätzlich belastet hat. Damit hat sich die globale Automobilnachfrage schwächer als möglich entwickelt und konnte die Weltautomobilproduktion nur eingeschränkt beflügeln.

    Die insbesondere in Europa und China, aber auch in den USA hochlaufende Produktion von E-Autos profitierte von den günstigen staatlichen Rahmenbedingungen; politisch vorgegebene strenge CO2 -Grenzwerte, um die Transformation hin zum klimaneutralen Elektroantrieb zu bewerkstelligen, verfehlen ihre Wirkung nicht. Die positive Fertigungsentwicklung 2023 ist zu einem guten Teil dem E-Hochlauf geschuldet.

    Diese Umstände haben dazu geführt, dass es wie schon im Vorjahr zu einem weltweiten Produktionsplus von 10 Prozent auf nun 79,5 Mio. Pkw gekommen ist. Damit wurde erstmals wieder das 2019er Vorkrisenniveau von 78,2 Mio. Stück übertroffen. Die globale Produktionskapazität ist allerdings immer noch höher, 2017 lag die Produktion mit 85 Mio. noch um gut 5 Mio. Einheiten darüber. Davor war die Pkw-Produktion vom Finanzkrisenjahr 2009 bis 2017 im Schnitt um 5 Prozent pro Jahr gewachsen.

    Produktionszuwächse weltweit

    Nahezu in allen wichtigen Produktionsländern hat es letztes Jahr ein deutliches Wachstum gegeben. Die höchsten Zuwächse verzeichneten die asiatischen Standorte. Allen voran Japan, das drittgrößte Fertigungsland weltweit mit einem Plus von 18 Prozent auf 7,8 Mio. Pkw. Damit liegt Japan allerdings weiterhin 7 Prozent unter dem Vorkrisenwert von 2019. In Südkorea, der Nummer 6 weltweit, konnte die Produktion um 14 Prozent auf 3,9 Mio. Stück ausgebaut werden. Damit übertrifft Südkorea jetzt wieder das Vorkrisenlevel von 2019. Von dem Rekordwert von 2011 ist Südkorea keine 10 Prozent mehr entfernt. Auch in China, dem mit Abstand wichtigsten Automobilstandort der Welt konnte die Produktion um 10 Prozent auf den neuen Rekord von 25,8 Mio. Pkw ausgebaut werden. Nahezu ein Drittel aller weltweit hergestellten Pkw kommen inzwischen aus dem Reich der Mitte. Indien, weltweit die Nummer 4, konnte mit einem Output von 4,8 Mio. Pkw um 8 Prozent wachsen.

    Auch in Europa kam es mit 12 Prozent zu einem deutlichen Produktionsplus. Mit 14,8 Mio. Einheiten liegt man jedoch immer noch um ein Fünftel unter dem 2019er Produktionsvolumen. Das liegt nicht nur an Russland, dessen Produktion sich gedrittelt hat und über eine Millionen Einheiten verloren hat. Insgesamt ist der europäische Markt gesättigt und die Bestandsflotte erneuert sich nur langsam, das Durchschnittsalter steigt an. Das gilt auch für Deutschland, das mit 4,1 Mio. Einheiten (Nr. 5 weltweit) gegenüber dem Vorjahr die Produktion zwar um 18 Prozent steigern konnte, jedoch immer noch um über 0,5 Mio. Stück unter dem 2019er Wert liegt. In Deutschland reüssierten insbesondere die Elektro-Pkw (BEV und PHEV), die inzwischen über 30 Prozent der Fertigung ausmachen. Deutschland ist der zweitgrößte E-Standort der Welt nach China und vor den USA. Hieran sieht man, wie ernst die deutschen Hersteller die Transformation zum klimaneutralen Auto nehmen. Spanien lag an Platz 2 in Europa mit 1,9 Mio. Stück (+7 Prozent) vor der Tschechischen Republik mit 1,4 Mio. (+15 Prozent). Die einstmals große Automobilnation Frankreich erreichte letztes Jahr nur noch ein Fertigungsvolumen von 1,03 Mio. Pkw (+2 Prozent), lag damit 38 Prozent unter dem Vorkrisenniveau und wurde erstmals von der Slowakei (1,07 Mio., +10 Prozent) überholt.

    In den drei USMCA-Staaten wuchs die Produktion letztes Jahr um 9 Prozent auf 15,6 Mio. Light Vehicles, liegt aber immer noch 0,6 Mio. Einheiten unter dem VorCorona-Niveau von 2019. Differenziert man zwischen den Fahrzeugarten, so ist es so, dass Light Trucks (vor allem SUVs) erstmals seit längerer Zeit mit einem Plus von 8 Prozent weniger stark wuchsen als die Pkw mit +14 Prozent. Es bleibt allerdings dabei, dass über vier von fünf hier gefertigte Light Vehicles Light Trucks sind. Die USMCA ist der SUV-Produktionshub der Welt. Die Zuwächse waren in den drei Ländern unterschiedlich. Während die USA die LV-Produktion gerade mal um 6 Prozent hochfuhren, stieg die Fertigung in Mexiko um 15 Prozent und in Kanada sogar um 25 Prozent. Insbesondere in der 2. Jahreshälfte schwächte sich die US-Produktion ab.

    Die Mercosur-Staaten realisierten letztes Jahr mit 4 Prozent und 2,8 Mio. Light Vehicles nur ein schwaches Wachstum.

    Pkw-Auslandsproduktion konsolidiert sich weiter

    Wie schon im Vorjahr konnte die an ausländischen Standorten erfolgende Pkw-Fertigung der deutschen Hersteller sich weiter stabilisieren. Mit 10,0 Mio. Pkw wurde das Vorjahresergebnis um 4 Prozent übertroffen. Damit liegt das Produktionslevel jedoch immer noch deutlich unter dem des Vorkrisenjahres 2019, als 11,4 Mio. Pkw von den internationalen Montagebändern liefen. Neben der Transformation zum klimaneutralen Antrieb war ein zweites wichtiges Thema die Inflation, die verhinderte, dass es zu einer noch merklicheren Erholung kam. Weiterhin spielte auch die Halbleiterknappheit eine produktionshemmende Rolle, war aber nicht mehr ganz so bestimmend wie in den Vorjahren.

    2023 trugen weltweit 18 Prozent aller Neuwagen das Firmenlogo einer deutschen Konzernmarke. Eine Betrachtung der verschiedenen Kontinente ergibt, dass die Situation in den einzelnen Ländern recht heterogen war und die verschiedenen Regionen sich durchaus unterschiedlich entwickelt haben.

    Produktion deutscher OEM in Europa und Amerika wächst überdurchschnittlich

    Zum Zuwachs entscheidend beigetragen hat Europa, wo die Pkw-Auslandsfertigung der deutschen OEM 2023 um 9 Prozent auf 3,18 Millionen Einheiten anstieg. Dabei verlief die Entwicklung in Osteuropa mit einem Plus von 17 Prozent auf 1,64 Mio. Stück wesentlich dynamischer als in Westeuropa (ohne Deutschland), wo der Zuwachs nur 1 Prozent bei 1,55 Mio. Einheiten betrug. Erstmals seit über 10 Jahren übertraf die osteuropäische wieder die westeuropäische Fertigung.

    Wichtiger Auslandsstandort war die Tschechische Republik, die sich mit einem Sprung um 25 Prozent auf 865 Tausend Einheiten vor Spanien mit 804 Tausend Fahrzeugen (+9 Prozent) setzte. Mit Ungarn (+9 Prozent auf 351 Tausend Stück) und dem SUV-Hub Slowakei (+22 Prozent bei 329 Tausend) Einheiten folgten zwei weitere osteuropäische Standorte, die u.a. mit attraktiven Arbeitskosten punkten können.

    Noch stärker als in Europa wuchs die Auslandsfertigung in Amerika, wo ein Plus von über 10 Prozent auf 1,98 Mio. Pkw erreicht werden konnte. In Mexiko konnte die Produktion sogar um 13 Prozent auf 716 Tausend Stück zulegen. In den USA, wo vor allem SUV für den heimischen, aber auch den Weltmarkt von den deutschen OEM produziert werden, erreichte die Fertigung mit 908 Tausend Einheiten (+10 Prozent), einen neuen Höchststand. In den USA werden inzwischen deutlich mehr als doppelt so viele Pkw von deutschen Herstellern hergestellt, wie aus Deutschland in die USA exportiert werden. In Brasilien, wo eine lange Tradition deutscher Fahrzeugfertigung besteht, konnte die Pkw-Produktion um 5 Prozent auf 317 Tausend Einheiten ansteigen.

    E-Autos zunehmend im Ausland gefertigt

    Die Transformation vom Verbrenner- zum Elektroantrieb bildet sich auch zunehmend im Auslandsengagement der deutschen Hersteller ab. Letztes Jahr produzierten sie mit 1,06 Mio. E-Pkw (+19 Prozent) etwas mehr E-Autos außerhalb Deutschlands als im Inland. Die Dynamik kommt momentan von den BEV, die einen Zuwachs von 39 Prozent auf 714.200 Einheiten realisieren konnten. Die PHEV-Produktion hingegen fiel um 9 Prozent auf 349.700 Stück. Die Fertigung außerhalb Deutschlands hat sich seit 2009 verdoppelt, 2010 hat sie die Inlandsproduktion überholt. Inzwischen werden mehr als sieben von zehn aller Pkw deutscher OEM im Ausland hergestellt. Ein wichtiger Erfolgsfaktor war die Ausrichtung auf Premiummodelle. Während 2006 nur eins von fünf im Ausland hergestellten Autos ein Premiummodell war, ist es inzwischen gut jedes Zweite. Die globale Aufstellung der deutschen OEM manifestiert sich auch darin, dass sie inzwischen mit über 5 Millionen Fahrzeugen 85 Prozent mehr Premium-Pkw im Ausland als am heimischen Standort fertigen.

    Deutschland mit höchsten Arbeitskosten

    Die hohe Qualität und ansteigende Komplexität moderner in Deutschland hergestellter Pkw durch ausgefeilte Assistenzsysteme und die zunehmende Digitalisierung hat ihren Preis. Hinzu kommt der Strukturwandel hin zur Elektromobilität, der in vollem Gange ist. Um für die hart umkämpften Fachkräfte interessant zu bleiben, müssen die Automobilunternehmen in Deutschland eine attraktive Entlohnung bieten. Das letzte Jahr ist insbes. in Europa gekennzeichnet von signifikanten Zuwächsen bei den Arbeitskosten aufgrund hoher Tarifabschlüsse vor dem Hintergrund einer hohen Inflation. Auch 2023 weist Deutschland daher mit über 62 Euro pro Stunde (+4 Prozent zum Vorjahr) im internationalen Vergleich die höchsten Arbeitskosten in der Automobilindustrie auf. An zweiter Stelle folgten die Niederlande mit 60 Euro (+6 Prozent), deren Arbeitskosten seit 2016 um über zwei Drittel angestiegen sind. Österreich rangierte auf Platz 3 mit Arbeitskosten, die 2023 um 7 Prozent auf 49 Euro anstiegen. Die Schwäche der schwedischen Krone führte zu einem weiteren Rückgang der dortigen Arbeitskosten um 5 Prozent auf gut 47 Euro.

    Die Arbeitskostenzuwächse in Deutschland in den letzten zehn Jahren sind mit 31 Prozent vergleichsweise hoch gewesen. Damit wird die durch die Lohnzurückhaltung im Zuge der Agenda 2010 zurückgewonnene Wettbewerbsfähigkeit wieder verspielt. Die Inlandsproduktion, die 2023 zwar um 18 Prozent angestiegen ist, jedoch mit 4,1 Millionen gegenüber 2017 über 1,5 Mio. Pkw verloren hat, bleibt weiter unter Anspannung.

    Auf Platz 5 des Rankings folgt Frankreich mit 47 Euro (+3 Prozent) vor Belgien mit gut 46 Euro (+8 Prozent). Als erstes nichteuropäisches Land rangieren die USA mit knapp 44 Euro (±0 Prozent) auf dem nächsten Platz. Hier wirkt sich der zuletzt gegenüber dem Euro etwas schwächelnde Dollar aus. In Großbritannien sind die Arbeitskosten 2023 um 4 Prozent auf über 41 Euro angestiegen. Das Brexit-Referendum hatte 2016/2017 zu einer deutlichen Pfundabwertung geführt, von der sich die britische Währung bis heute nicht substanziell erholt hat. In Italien wachsen die Arbeitskosten letztes Jahr um 4 Prozent auf 33 Euro. Es folgt Finnland mit 32 Euro (+3 Prozent), wo die Arbeitskosten in den letzten 10 Jahren kaum gestiegen sind, vor Spanien mit gut 29 Euro (+5 Prozent).

    Arbeitskosten in Osteuropa gleichen sich allmählich an

    Am unteren Ende der Personalkostentabelle rangieren osteuropäische Länder mit Arbeitskosten zwischen 12 Euro (Rumänien) und 23 Euro (Slowenien und Tschechische Republik). Diese aufstrebenden Automobilnationen haben in den letzten 10 Jahren hohe Zuwächse zwischen 73 Prozent (Ungarn) und 131 Prozent (Rumänien) vorzuweisen gehabt, so dass sich das Arbeitskostenniveau sukzessive an die anderen EU-Länder angleicht. In Portugal sind die Arbeitskosten 2023 um 5 Prozent auf gut 17 Euro gestiegen und liegen zwischen Ungarn (16 Euro) und der Slowakei (20 Euro).

    Economic Intelligence & Volkswirtschaft

    Alexander Fritz

    Automobilprognosen, Statistiken Produktion und Export, CO2-Emissionen, Elektromobilität, Strukturanalysen

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