Digitalisierung

    Von Fahrerassistenzsystemen zum autonomen Fahren

    Mithilfe modernster Technik sind Autos immer sicherer und sauberer geworden. Das nächste Ziel: ein Auto, das seinen Weg eigenständig findet. Auf den verschiedenen Stufen der Automatisierung und in der Vision des autonomen Fahrens ist die deutsche Automobilindustrie führend.

    Mithilfe modernster Technik sind Autos immer sicherer und sauberer geworden. Das nächste Ziel: ein Auto, das seinen Weg eigenständig findet. Auf den verschiedenen Stufen der Automatisierung und in der Vision des autonomen Fahrens ist die deutsche Automobilindustrie führend.

    Auf dem Weg zur Automatisierung

    Die Software von Fahrzeugen hat bereits heute rund 100 Millionen Codezeilen – eine Boeing 737 MAX hingegen rund 15 Millionen. Dieser Vergleich illustriert die Dimension der Digitalisierung im Verkehr. Aber wir müssen schneller werden, um das Potenzial der Digitalisierung im Verkehr für Deutschland auch tatsächlich zu heben und mehr Klimaschutz, mehr Wachstum, mehr Freiheit und mehr Sicherheit zu erreichen.

    Wir haben das Auto erfunden, und jetzt erfinden wir es neu. Sauber, sicher und digital. Deutschland ist Vorreiter in der Entwicklung von Technologien für das automatisierte Fahren und das erste Land weltweit, das ein Gesetz dazu verabschiedet hat: ein wichtiger Schritt in Richtung Realbetrieb. Aus diesem Umstand können wir eine neue technologische Weltmarktführerschaft und viele neue Zukunftsjobs entwickeln, wenn auch der Rest der Digitalisierung entschlossen entwickelt wird. Das zeigt: Wir können, wenn wir wollen und dürfen. Um international führend zu bleiben und um die Jobs der Zukunft aufbauen zu können, müssen wir in sechs Bereichen beschleunigen.

    Schneller mit 5G

    Das neue 5G-Netz bedeutet eine zehnfache Datenübertragungsrate, verglichen mit dem derzeit verfügbaren Mobilfunkstandard 4G. Diese neue Technologie erwarten nicht nur Smartphone-Nutzer – 5G schafft auch eine wichtige Voraussetzung für den Verkehr der Zukunft. Schon heute sind in vielen Fahrzeugen Assistenzsysteme im Einsatz, die vernetzte und automatisierte Funktionen beinhalten. Hohe Datenvolumen und eine schnelle Übertragungsrate sind die Grundlage für die Digitalisierung des Verkehrs und ebenso aller anderen Lebensbereiche. Bis 2025 muss eine flächendeckende, dynamische Mobilfunkversorgung zur Verfügung stehen, und alle Hauptverkehrswege und urbanen Räume sollten mit 5G abgedeckt sein. Nur so lassen sich die Potenziale des vernetzten und automatisierten Fahrens voll ausschöpfen.

    Schneller zum autonomen Fahren

    Die Automobilwirtschaft hat die Technologien entwickelt, um die nächsten Stufen des automatisierten Fahrens zu erproben. Stufe eins sind Tempomat und Spurassistent. Stufe zwei sind automatisches Einparken und Überholen. Mit Stufe drei kommt das hoch automatisierte Fahren, bei dem ein Auto sich ohne jede menschliche Steuerung im Verkehr bewegen kann. Der Fahrer kann ein Buch lesen oder einen Film schauen, muss aber eingreifen können. Auf Stufe vier wird der Fahrer teilweise zum Passagier, und das Auto kann eigene Entscheidungen treffen, zum Beispiel über eine Autobahnauffahrt in den Verkehr einfädeln, eine Baustelle umfahren oder in der Stadt selbstständig Spurwechsel durchführen. Mit der Stufe fünf beginnt das vollständige autonome Fahren, und Fahrzeuge können allein von A nach B fahren.

    Der Rechtsrahmen ist beschlossen, nun muss er rasch umgesetzt werden – in Verordnungen, mit denen die Unternehmen arbeiten können. Wenn das gelingt, kann Deutschland in diesem Feld in eine globale „Poleposition“ kommen, die viel Wachstum und Jobs verspricht. Wenn das nicht gelingt, verspielt die Verwaltung den technologischen Vorsprung, den die Ingenieure und IT- Experten für Deutschland erarbeitet haben.

    Schneller mehr Sicherheit

    Fahrerassistenzsysteme sowie automatisierte und fahrerlose Funktionalitäten bilden jedoch nur einen Teil der Lösung für die Herausforderungen der Mobilität. Ebenso wichtig ist der Austausch relevanter Informationen, auch Vernetzung genannt. Sie sorgt dafür, dass Fahrzeuge nicht nur selbst intelligent agieren und den Fahrer unterstützen. Durch Vernetzung profitieren Fahrzeuge, Fahrer und Insassen auch von der Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern und der Infrastruktur. Für Letztere steigen die Anforderungen mit dem Grad an Automatisierung. Die Infrastruktur hat dabei zunächst eine unterstützende Funktion, wird zunehmend aber zur notwendigen Bedingung und darf nicht zum limitierenden Faktor für das automatisierte Fahren werden. So müssen beispielsweise Ampeln intelligenter werden, damit sie sich mit dem Fahrzeug oder anderen Verkehrsteilnehmern vernetzen können. Darüber hinaus können durch diese Art der Kommunikation Signale von Einsatz- und Rettungskräften je nach Anwendung direkt oder auch über Backendsysteme an andere Fahrzeuge gesendet werden. Damit wird den vernetzten und insbesondere den autonomen Fahrzeugen unter anderem gemeldet, aus welcher Richtung und mit welcher Geschwindigkeit sich Einsatzfahrzeuge nähern oder wo sich eine abzusichernde Gefahrenstelle auf der Fahrbahn befindet. Damit kann ein wesentlicher Beitrag zu schnellerem Handeln und Reagieren in Gefahrensituationen geleistet werden.

    Schneller mehr Software

    Im Zentrum der Digitalisierung steht die Software. Mit Milliardeninvestitionen in Forschung und Entwicklung entwickeln die großen Hersteller komplett eigenständige Software. Diese ist nicht nur die Grundlage für autonomes Fahren und mehr Sicherheit im Verkehr, sondern die Basis für die neuen Geschäftsmodelle, die sich aus der Digitalisierung der Fahrzeuge ergeben. Damit wird Software zum entscheidenden Wachstumstreiber in der deutschen Schlüsselbranche Automobilindustrie. Es ist unser Ziel, nicht nur aufzuholen, sondern künftig die weltweiten Standards zu setzen und so Wertschöpfung in Deutschland zu halten sowie neu nach Deutschland zu holen. Unsere Unternehmen investieren bereits jetzt Milliarden.


    Nun muss die Politik nachziehen und eine umfassende Forschungs- und Entwicklungsförderung für die Hersteller und Zulieferer anbieten. Das ist eine smarte Investition in die Zukunft des Standortes Deutschland. Die Automobilindustrie beschäftigt mehr als 800.000 Menschen direkt in den Unternehmen. Die Kompetenzen der Belegschaften müssen in die digitale Ära transformiert werden. Daneben muss in die Förderung von Start-ups investiert werden, deren Innovationskraft und Agilität zentral für die Entwicklung von Zukunftstechnologien sind. Das erfordert Kapital und auch internationale Experten, die ohne großen Aufwand in Deutschland tätig werden können müssen. Ein modernes Einwanderungsgesetz und eine offene Kultur sind dafür entscheidend.

    Schneller mehr Datensicherheit

    Die Software von Fahrzeugen enthält heute ein Vielfaches der Codezeilen einer Boeing 737 MAX. Hinzu kommen noch mehr als 100 elektronische Steuergeräte. Durch die zunehmende Vernetzung steigt auch in den Fahrzeugen das Risiko von Eingriffen von außen, die zu Gefahren führen können. Die Automobilindustrie hat auf diese Szenarien bereits reagiert und sich intensiv mit der Cybersicherheit der neuen Systeme wie auch den Rechtsgrundlagen und Regularien auseinandergesetzt. Technologien wie die Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation und 5G sollen das Autofahren sicherer, umweltschonender und komfortabler machen. Damit mögliche Cyberangriffe keinen Einfluss auf die Fahrsicherheit haben und geeignete Schutzmechanismen integriert werden können, werden entsprechende Gefährdungen bereits frühzeitig im Entwicklungszyklus neuer Fahrzeugmodelle berücksichtigt. Wir brauchen europaweit harmonisierte technische Standards zum Austausch von Daten, die auf europäischen Werten basieren und die deutsche und europäische Industrie und Gesellschaft von internationalen Monopolen unabhängig machen. Die Teilnahme an Datenräumen sollte jedoch ausschließlich freiwillig erfolgen. Gesetzliche Vorgaben zur Offenlegung von wirtschaftlich relevanten Daten lehnen wir ab. Nur so entsteht das notwendige Level-Playing-Field, um Wettbewerbsfähigkeit und Innovationen in Europa zu halten. Diese gemeinsamen Datenräume braucht es in der Verkehrssteuerung, bei Ladeinfrastrukturen, bei Onlineservices, Bezahlfunktionen und vielem mehr. So ist beispielsweise der Verband der Automobilindustrie (VDA) Gründungsmitglied des Vereins Catena-X, der für die Lieferkette einen Branchenstandard für den elektronischen Datenaustausch entwickelt, der Sicherheit und Wertschöpfung zugleich ermöglicht. In Bezug auf Mobilitätsdaten engagieren sich unsere Unternehmen im Datenraum Mobilität, um in Deutschland eine Referenz für eine europäische Lösung zu schaffen.

    Schneller mehr Klimaschutz

    Die digitale Vernetzung der Fahrzeuge untereinander und mit der Infrastruktur wird den Verkehr effizienter, flüssiger und noch sicherer machen. Die Daten optimieren Verkehrsführung und Fahrweise und sorgen so für mehr Klimaschutz. Beste Beispiele sind hierfür Transport-as-a-Service-Angebote, die Leerfahrten vermeiden und Frachtrouten optimieren, um unmittelbar Kraftstoff und fortan auch Strom einzusparen. Auch im Bereich Sharing Mobility steckt viel Potenzial: Carsharing und auch Ridesharing, digitales Pooling von mehreren Fahrgästen mit ähnlicher Zielrichtung in einem Fahrzeug, werden für eine effizientere und ressourcenschonendere Mobilität sorgen. Der Klimaeffekt der Digitalisierung kann sehr groß werden, wenn es uns gelingt, die Produktion und Logistik zu optimieren und den Verkehr smart und mit möglichst wenig Leerfahrten zu gestalten. Auch das gehört auf die Agenda der nächsten Bundesregierung.

    Wir haben das Auto erfunden, und jetzt erfinden wir es neu. Sauber, sicher und digital. Die Digitalisierung wird für den Verbraucher ganz neue Welten erschließen. Autonom fahrende Shuttles in Städten und auf dem Land, neue digitale Erlebnisse im Auto, neue Assistenzsysteme und eine digital optimierte Verkehrslenkung, die weniger Stau und eine schnellere Ankunft verspricht: Nie war die Zukunft der deutschen Schlüsselindustrie so verheißungsvoll wie heute.

    Systeme zur genauen Umfelderkennung

    Weitere scannende Systeme sind LiDAR (light detection and ranging): Systeme zur genaueren Umfelderkennung, die ergänzende Informationen zu den radarbasierten Systemen bieten.

    Kameras als optische Systeme kommen bei der Erkennung von Fahrstreifenmarkierungen, Verkehrszeichen, Ampeln und anderen Verkehrsteilnehmern zum Einsatz.

    Ultraschallsensoren werden bereits seit Anfang der 90er-Jahre als Einparkhilfe in Fahrzeugen verbaut. Ultraschallsensoren senden Schallwellen aus, die reflektierten Anteile der Schallwellen werden aufgefangen und die Entfernung zum erfassten Objekt wird berechnet. Inzwischen hat sich ihr Funktionsumfang deutlich erweitert. Sie können Parklücken während der Fahrt vermessen und erkennen, wenn Fahrzeuge auf der Nebenspur fahren.

    Radar, Kameras, LiDAR und Ultraschallsensoren wurden in der Vergangenheit für voneinander unabhängige Funktionen verwendet. Inzwischen werden die relevanten Daten mithilfe von Sensorfusion intelligent und zeitgleich verknüpft. Das macht das automatisierte Fahren erst möglich. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Funktionssicherheit gelegt. Durch Redundanzen und Plausibilitätsprüfungen, also die systeminterne Kontrolle, ob die Umgebungsdaten korrekt erfasst wurden, wird eine fehlerhafte Interpretation der Daten verhindert. Dabei werden die Signale der Fahrzeugsensoren untereinander verglichen. Nur wenn die Daten stimmig sind, werden Lenkung und Motor angesteuert.

    Koordinierungsstelle Vernetztes & Automatisiertes Fahren

    Henry Kuhle

    Leiter der Fachgruppe

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